Das richtige Getränk zur richtigen Zeit
Eine Frage, die immer wieder gestellt wird, ist "Was trinke ich denn am besten?". Direkt gefolgt von der Frage "Darf ich irgend etwas überhaupt nicht trinken?".
Wie so oft scheiden sich an diesem Thema die Geister wieder sehr deutlich und was der eine als Wundermittel anpreist wird vom anderen schnell als Teufelszeug gehandelt. Auf der Suche nach einer Antwort auf diese beiden Fragen stößt man daher zu jedem Getränk auf gegensätzliche Aussagen – selbst zum Wasser.
Im Prinzip ist das hauptsächliche Ziel immer, den Körpers und damit die Stimme möglichst gut mit Flüssigkeit zu versorgen, um die Schleimhäute feucht und den Schleim möglichst dünnflüssig zu halten. Der gesunde Schleim der Schleimhäute soll unterstützt werden und gleichzeitig überschüssiger, störender Schleim möglichst von allein abtransportiert werden. Gleichzeitig möchte man natürlich andere negative Seiteneffekte auf den Stimmapparat vermeiden.
Es gibt zwar natürlich Fakten zu den Auswirkungen bestimmter Getränke. Tatsächlich empfinden Sänger und Sprecher diese Auswirkungen aber unterschiedlich stark oder finden teilweise sogar bestimmte Effekte wünschenswert, die andere vollkommen aus der Bahn werfen. Hier ein paar Worte zu den am häufigsten genannten Effekten:
Getränke, die austrocknen bzw. Flüssigkeit entziehen:
Getränke, die austrocknend wirken bzw. dem Körper Flüssigkeit entziehen, haben erfahrungsgemäß am häufigsten negative Auswirkungen. Wenn die Schleimhäute - also auch die Stimmlippen - trocken werden sinkt die Leistungsfähigkeit der Stimme sehr deutlich. In diese Kategorie fallen z.B. einige Tees (z.B. schwarzer Tee, grüner Tee, Kamille-Tee, ...) und auch der oft erwähnte Kaffee. Zu den einzelnen Getränken gibt es aber auch oft wieder mehrere Studien mit widersprüchlichen Aussagen.
Schleimbildende Getränke:
Eine erhöhte Schleimproduktion wird in der Regel als hinderlich empfunden. Genau dieser Effekt wird jedoch von manchen Sängern auch bewusst gefördert und zur Unterstützung bestimmter stimmlicher Effekte genutzt. schleimbildend sind z.B. Milchprodukte.
Säurehaltige oder säureanregende Getränke:
Bei säurehaltigen oder säurefördernden Getränkten wird häufig langfristig die Gefahr einer Verätzung der Stimmlippen gesehen. Hier kommt es aber sehr darauf an, wie anfällig Du darauf bist und ob Du zu Sodbrennen bzw. Reflux neigst oder ob Dir das überhaupt nichts ausmacht. In diese Kategorie fallen u.a. Fruchtsäfte, Früchte-Tees und ebenfalls wieder Kaffee.
Welcher Effekt sich bei Dir wie stark bemerkbar macht ist wie gesagt sehr individuell und auch von Deinem momentanen Zustand abhängig. Leicht schleimbildende Substanzen werden beispielsweise bei angeschlagener Stimme oft als angenehm empfunden und auch in medizinischen Produkten genutzt, um die Stimme zu unterstützen. Genauso ist ein Kaffee zwischendurch in der Regel nicht gleich ein Beinbruch. Man kann das durch ein zusätzliches Glas Wasser meist gut ausgleichen. Du musst also nicht unbedingt immer gleich komplett auf alles verzichten.
Als optimal für den Flüssigkeitshaushalt des Körpers wird allgemein Wasser gehandelt. Auf lange Sicht gesehen ist es auch genau das, was der Körper braucht. Von manchen Sängern wird Wasser allerdings trotzdem nicht als optimal angesehen, weil es direkt nach dem Trinken im Rachen als austrocknend empfunden werden kann - ähnlich wie die Austrocknung der Haut beim Duschen.
Meine persönliche Empfehlung ist Wasser und Apfelschorle. Beides funktioniert erfahrungsgemäß sehr gut. Ich selbst trinke vor und nach Auftritten viel Wasser und wegen des genannten kurzfristigen Austrocknungsgefühls beim Trinken von Wasser auf der Bühne dann tatsächlich vorzugsweise Apfelschorle. Letzteres "schmiert" meinem Empfinden nach für den Moment besser.
Im Endeffekt ist der sinnvollste und allgemeingültigste Rat, den ich hier geben kann, dass Du selbst experimentierst und herausfindest, was Dir persönlich hilft und was Dich einschränkt. Am besten in Situationen, in denen es nicht darauf ankommt, in denen Deine Stimme aber trotzdem gefordert wird. Zum Beispiel in Proben oder wenn Du für Dich selbst übst.
Finde heraus, welches Getränk Dir wann gut tut und auch wann und in welchem Umfang Du Dir Getränke leisten kannst, die eigentlich kontraproduktiv wirken. Wenn Du Dich hier gut genug kennst, musst Du nicht komplett auf Getränke mit negativen Seiteneffekten verzichten und kannst Dir aber trotzdem sicher sein, dass Du auf der Bühne bestmöglich aufgestellt bist.
Daniel Imhoff
Vocal Coach & Sänger